• Autor: Kareen Meyer
  • Thema: Neues
  • 0

Freiburg/BonndorfWäscherei-Branche ist im Umbruch

Die Wäscherei-Branche ist im Umbruch: Die Kosten steigen, Kapazitäten werden knapper. Insbesondere familiär geführte Unternehmen stehen am Scheideweg, auch in Südbaden. Doch es gibt auch Investoren.

Die Lavatio-Gruppe aus dem hessischen Hünfeld ist auch in Südbaden auf Einkaufstour gegangen: Vor vier Jahren hat sie die Freiburger Textilreinigung Ruck übernommen, im Januar 2020 dann die Mehrheiten am Freiburger Wäscheservice Gall und an Indlekofer aus Bonndorf. Alles Firmen mit Tradition: Indlekofer ist voriges Jahr 70 geworden, Ruck wurde 1939 gegründet, Gall hat seine Wurzeln gar im 19. Jahrhundert.

Mit ihrer Expansionsstrategie sorgt Lavatio für Aufsehen in der Branche. 800 Mitarbeiter hat die Gruppe mittlerweile, rund 60 Millionen Euro Jahresumsatz. In der Kasse ist noch Geld. Durch die Corona-Pandemie wurde die Einkaufstour vorläufig gestoppt. Damals war es nicht möglich, die Wirtschaftlichkeit der Betriebe zu bewerten. „Zwei Monate nach dem Verkauf kam der Lockdown“, erinnert sich Jürgen Mutter, Geschäftsführer bei Indlekofer.

Die Bonndorfer Firma wäscht etwa 36 Tonnen Wäsche am Tag. Kunden sind fast ausschließlich Hotels. Und bei denen ging während des Lockdowns so gut wie gar

nichts mehr. „Wir sind dann vom Zweischichtbetrieb zu vier Stunden Arbeit gewechselt – pro Woche.“ Jetzt stehe man wieder stabil da, besser sogar als 2019. Der Betrieb ist ausgelastet. Für neue Kunden habe man kaum Platz. Auch darum solle investiert werden, verrät Mutter. Indlekofer werde eine neue Waschlinie bekommen, Gall durch neue Technik die Kapazität erhöhen, die aktuell bei etwa 15 Tonnen am Tag liege.

„Für uns war die Übernahme ein Glücksfall“, sagt Mutter. Er führt das Unternehmen seit 40 Jahren. Neben ihm sind auch seine Frau Susanne und Sohn Thomas als Meister im Unternehmen. Dennoch hat die Familie sich für den Verkauf der Mehrheit des Unternehmens mit 110 Mitarbeitern entschieden.

Die Emmendinger Textilreinigung Wolfsperger stand auch auf Lavatios Einkaufsliste. Der 1933 gegründete Betrieb bleibt aber inhabergeführt. Die Firma gehört den Familien Wolfsperger und Kern. Peter Kern war 2008 als Gesellschafter eingestiegen, mittlerweile ist auch sein Sohn Johannes in der Geschäftsführung angekommen. Damit ist das Unternehmen eine Ausnahme. Die Zahl der Textilreinigungsbetriebe sinkt. Aktuell zählt die Handwerkskammer Freiburg noch 18, vor fünf Jahren waren es

24. Immer wieder würden Firmen geschlossen, weil Nachfolger fehlen, heißt es. Im März etwa gingen bei der Lahrer Wäscherei Kussmaul nach 110 Jahren die Lichter aus.

Dabei werden Reinigungen und Wäschereien gebraucht. „Es gibt immer mehr Hotels“, sagt Jürgen Mutter. „Und damit auch immer mehr Wäsche.“ Auch Privatkunden lassen von Profis waschen, wie Christian Himmelsbach berichtet. Seine Wäscherei sitzt in Freiburg direkt am Schwabentor. Sein Geschäftsmodell sieht gänzlich anders aus: Die Wäsche von Privatkunden wird gesammelt und dann in Freiburg gewaschen. Oberhemden, Anzug, Wintermantel – alles, was nicht in die Waschmaschine darf.

Um die 1000 Teile Wäsche sind es jeden Tag. „Etwa die Hälfte davon sind Oberhemden“, so Himmelsbach, der auch Obermeister der Innung ist. Tendenz steigend. Die Menschen hätte das Bügeln verlernt, sagt Himmelsbach lächelnd. Gut für ihn. „Es gibt zu wenig Kapazitäten auf dem Markt.“ In den 1980er Jahren gab es rund 10.000 Wäschereien in Deutschland, heute seien es 3500, schätzt Himmelsbach. Gerade auf dem Dorf hätten sich viele zurückgezogen. Himmelsbach selbst hat die Zahl seiner Abholstellen von 80 auf 30 reduziert. „Es werden noch mehr Betriebe verschwinden“, sagt Mutter. Die Lavatio-Gruppe wolle weitere Firmen übernehmen. Gespräche würden bereits geführt.

Firmen sind empfänglich für Angebote, auch wegen steigender Kosten. Sie sind 2022 laut dem Deutschen Textilreinigungsverband (DTV) um 17 Prozent gestiegen. „Die höchste Steigerung seit Einführung des Kostenindex“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Daniel Dalkowski. Höhere Energiepreise kommen oft verspätet in der Branche an, weil viele Wäschereien langfristige Verträge mit ihren Versorgern schließen. Das bedeutet aber auch, dass einige 2022 zu den damals hohen Preisen eingekauft haben und diese noch heute zahlen. Im Laufe des Jahres sind die Energiepreise um gut ein Drittel gesunken. „Trotzdem sind die Energiepreise seit 2015 doppelt so stark gestiegen wie der Index insgesamt“, sagt Dalkowski.

Mit dem Anstieg des Mindestlohns zum 1. Januar 2024 erwartet die von Hilfskräften geprägte Branche eine neue Lohnsteigerung. Die Lage sei gerade für kleinere Betriebe existenzbedrohend geworden, mahnt der DTV. Neben der Energie und dem Personal wird auch die Wäsche selbst teurer. Mittelständischen Betrieben gehört diese in der Regel, sie wird an die Kunden vermietet.

Badische_Zeitung_2023-08-29